Erdöl und Erdölprodukte

Entwicklung

Während der ganzen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war der Beitrag der Erdölprodukte zur schweizerischen Energieversorgung recht gering. In den dreissiger Jahren erreichte ihr Anteil kurzfristig 12%. Erst nach dem Krieg begann der beispiellose Aufstieg, bei dem die Erdölprodukte zum dominanten Energieträger wurden. Zu Beginn der siebziger Jahre erreichte ihr Anteil am Verbrauch 80%. Im Zuge der beiden Erdölkrisen, die zu einer Verzehnfachung des Rohölpreises innert 10 Jahren führten, kam es zu einem Trendbruch. Obwohl der Rohölpreis nach 1985 wieder abnahm und gegen Ende des Jahres 1998 real sogar seinen tiefsten Stand seit 50 Jahren erreichte, ging der Anteil der Erdölprodukte am Verbrauch im letzten Quartal des Jahrhunderts kontinuierlich auf gut 60% zurück.

Erdöl ist wie Uran und Erdgas ein Rohstoff, der in der Schweiz kommerziell nicht ausbeutbar ist. Immerhin stehen aber in der Schweiz seit Inbetriebnahme der beiden Raffinerien in Cressier (NE) und Collombey (VS) in den Jahren 1963 bzw. 1970 Verarbeitungskapazitäten für Rohöl zur Verfügung, die dem Land eine Diversifikation der Produkteversorgung bieten. Etwa zwischen einem Drittel und der Hälfte des Gesamtbedarfs an Erdölprodukten wird seither von den Raffinerien bereitgestellt; der Rest wird wie vorher in Form von Fertigprodukten importiert.

Vor dem Ersten Weltkrieg betrug der Anteil der Erdölprodukte am Energieverbrauch weniger als 1%. Bis zum Jahr 1916 sank ihr Verbrauch sogar noch auf rund 20% des Vorkriegswertes. Von da an erfolgte eine kontinuierliche Zunahme bis zum Jahr 1935, wobei der Anteil am Energieverbrauch allerdings nur maximal 12% betrug. Der Anteil der Brennstoffe bewegte sich seit Beginn der betrachteten Periode zwischen 30% und 40%. Nach 1935 stagnierte der Verbrauch von Erdölprodukten

Die starke Reduktion der Importe nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges machte sehr rasch eine strenge Rationierung notwendig. Zur Einsparung von Treibstoffen wurden, vor allem bei Lastwagen, Holzvergaser eingesetzt, Benzin mit aus Holz gewonnenem Alkohol vermischt oder mit Acetylen ersetzt. Bis 1945 sank der Import von Erdölprodukten auf unter 10% des Vorkriegswertes.

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg setzte eine enorme Verbrauchssteigerung ein. Schon 1946 war die gleiche Grössenordnung wie in den 30er Jahren erreicht, wozu vor allem die Brennstoffe beitrugen, die den Verbrauch an Treibstoffen von nun an immer stärker übertrafen. Zwischen 1950 und 1970 betrug der durchschnittliche Jahreszuwachs des gesamten Endverbrauchs an Erdölprodukten 12,5%, des Autobenzins 10% und des Heizöls 14%. Der höchste Verbrauch wurde schliesslich 1973 erreicht, allerdings verursacht durch die damals statistisch nicht erfassten Hortungskäufe der Konsumenten.

Die Erdölpreiskrisen von 1973 und 1979 lösten bei den Erdölprodukten Anstrengungen zu deren effizienterem Einsatz und Substitution aus, die bis heute nachwirken. Trotz des Preissturzes von 1986, der der Macht der OPEC zur Preisgestaltung ein vorläufiges Ende setzte, hat sich der Erdölverbrauch bei etwa 500 PJ stabilisiert. Dabei ist eine deutliche Verschiebung innerhalb der Erdölprodukte weg von den Brennstoffen und hin zu den Treibstoffen zu beobachten.

Betrug der Anteil der Treibstoffe 1980 noch 37%, lag er 1998 bereits bei 53%. Verantwortlich dafür war im Wärmemarkt neben den effizienter gewordenen Heizungstechnologien der zunehmende Einsatz von Erdgas und Wärmepumpen. Zudem nahm der Einsatz von Heizöl Schwer in der Industrie bis zur Bedeutungslosigkeit ab und betrug zuletzt noch 10% des Höchststandes von 1973. Bei den Treibstoffen war bis in die neunziger Jahre hinein beim Benzin und Dieselöl ein starkes Wachstum des Absatzes zu verzeichnen, welches beim Flugtreibstoff noch immer anhält. Bei den Autotreibstoffen hat sich in den letzten Jahren eine Sättigung eingestellt, indem sich wachsender Fahrzeugbestand und verbrauchsärmere Fahrzeuge im Effekt in etwa aufhoben.

 

Statistische Methodik

Wegen der Vielfalt der Produkte, der Verwendungszwecke und der beteiligten Organisationen erwies sich die Aufstellung einer nach Brutto- und Endverbrauch gegliederten Statistik als recht schwierig. Bis 1949 wurden, wie schon früher, die Importe dem Bruttoverbrauch gleichgesetzt. Die Lagermöglichkeiten während dieses Zeitraums waren bescheiden, und es konnten keine Angaben über deren Bewirtschaftung gefunden werden. Ab 1975 wurden die Daten der Gesamtenergiestatistik beinahe unverändert übernommen. Seit Einführung des Mineralölsteuergesetzes 1997 wird für den Ver-brauch nicht mehr auf die Importe, sondern auf den Absatz in den steuerrechtlich freien Verkehr abgestellt.

Die Differenz zwischen Brutto- und Endverbrauch ergibt sich beim Erdöl durch den Energieaufwand bei der Raffinierung von Rohöl (rund 1% des importierten Erdöls) sowie durch den Verbrauch zur Herstellung anderer Energieträger wie Strom und Stadt-gas. Sie war in der Schweiz immer sehr gering; das Maximum mit etwa 8% wurde am Anfang der 70er Jahre erreicht.

Zwischen 1950 und 1974 stützten sich die Angaben zur Hauptsache auf die Absatzstatistiken der Carbura, der Schweizerischen Zentralstelle für die Einfuhr von flüssigen Brenn- und Treibstoffen, sowie seit 1961 auch auf die Geschäftsberichte der Erdöl-Vereinigung. Für die wichtigsten Erdölprodukte konnten damit die Vorratsänderungen auf Import- und Grosshandelsstufe berücksichtigt werden. Nicht erfasst wurden jedoch zunächst die bei den Endkonsumenten vorhandenen Lagerbestände an Heizöl, aus deren Änderung sich die Differenz zwischen Absatz und Verbrauch herleitet. Seit 1980 wird mittels Umfragen der Füllgrad der Heizöltanks bei den Konsumenten ermittelt und daraus der Endverbrauch bestimmt.

Die Absatzstatistik der Carbura zeigt grundsätzlich den Bruttoverbrauch, auch wenn in gewissen Perioden weitere Angaben vorhanden sind. Die für Energieumwandlungen eingesetzten Erdölprodukte mussten also noch gesondert bestimmt werden. Während die für die Stadtgaserzeugung benötigten Produkte in den Jahresberichten des Verbandes der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) erscheinen, existieren für die früheren Jahre keine vollständigen Angaben über den Verbrauch für die Stromerzeugung. Er wurde deshalb durch eine Rückrechnung bestimmt, wobei angenommen wurde, dass die gesamte konventionell-thermische Elektrizitätsproduktion aus Erdölprodukten und mit einem Wirkungsgrad von 35% erfolgte. In den letzten Jahren wurde der Verbrauch aufgrund von Angaben der Produzenten bestimmt. Über den Eigenverbrauch und die Ver-luste der Raffinerien existieren ausreichende Unterlagen.

Für sinnvolle Aussagen ist eine feinere Unterteilung des Endverbrauchs von Erdölprodukten unumgänglich. Es zeigte sich aber bald, dass sich die verschiedenen Quellen widersprachen, was teilweise auf den Umstand zurückgeht, dass die Verzollung und damit auch die statistische Erfassung der Lagerbewegungen nicht nur nach der Qualität, sondern auch nach dem Verwendungszweck erfolgte. So sind grosse Mengen von Heizöl (vor allem HeizöI schwer), die zur Herstellung von Elektrizität importiert wurden, bis 1973 als Dieselöl verzollt worden. Für jede Sorte wurden deshalb die Quellen verglichen und die plausibelste benutzt.